Martin Schulte im Gemeinsamen Pastoralen Amt

Finanzwelt vorbei – für uns ganz dabei

  • Birgit Kochsiek

Seit 2005 ermöglicht die Rheinische Landeskirche neue Gestaltungsformen hauptamtlicher Gemeindearbeit. Die Idee: Interprofessionelle Teams, zu denen nicht nur Theolog:innen gehören, nehmen gemeinsam die traditionell aus dem Pfarrdienst erwachsenen Aufgaben (Verkündigung, Seelsorge, Diakonie, Bildung sowie Leitung) in einem sogenannten „Gemeinsamen Pastoralen Amt“ (GPA) wahr.

Was aber hat das mit unserer Gemeinde zu tun?

Hier im Kirchenkreis Trier, wo Pfarrstellen schwer zu besetzen sind, der Kirchenkreis tapfer versucht, flexibel auf den erforderlichen Stellenabbau zu reagieren, Pfarrerin Vera Zens vor einem haben Jahr ihre halbe Pfarrstelle aufgegeben hat und Pfarrer Müller sich Ende des Jahres in den Ruhestand verabschiedet – da macht sich unsere Gemeinde auf, neue Wege zu gehen. Anfang Juli wird ein bereits bekanntes Gesicht unsere Pfarrerriege im Gemeinsamen Pastoralen Amt verstärken: Martin Schulte.
In seiner Jugend hatte Herr Schulte sich sehr im CVJM engagiert. Später, als viele im Freundeskreis anfingen, Theologie zu studieren, sah er sich vor die Entscheidung gestellt: Studiere ich Betriebswirtschaft oder Theologie? Damals entschied er sich für die Betriebswirtschaft, nahm sich aber gleichzeitig vor, später dann wenigstens Prädikant zu werden. Dieser Weg öffnete sich dann 2015. Schon seit 2004 ist er Mitglied des Presbyteriums und seit 2017 als Prädikant in der Gottesdienstgestaltung aktiv.

Bei einer Tagung zur Vorbereitung der Ordination erfuhr er, dass an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal ein berufsbegleitender Studiengang „Master of Theological Studies“ an den Start gehen sollte. Sein Interesse war geweckt. Die Hürden für die Zulassung waren hoch. Neben den allgemein für die Aufnahme eines Studiums geltenden Voraussetzungen mussten Interessierte neben einem abgeschlossenen Hochschulstudium fünf Jahre Berufserfahrung mitbringen und eine Aufnahmeprüfung bestehen. Aber Herr Schulte war willens, sich abends nach getaner Arbeit noch an den Schreibtisch zu setzen und zu lernen. Ob für die Aufnahmeprüfung, Bibelkundeprüfung, Hebräisch und Griechisch… – es war nicht immer leicht. Nach Beginn seines Studiums wurde Martin Schulte klar, dass er das Studium der Theologie bei aller Freude an den Inhalten nicht als Selbstzweck betreiben wollte. Er wollte mit seinem Studium hinterher auch etwas anfangen. Und plötzlich tat sich dazu ein Weg auf: das Gemeinsame Pastorale Amt.

Aber was motivierte ihn und motiviert ihn noch heute, diesen Weg einzuschlagen?

Der Aufstieg des Rechtspopulismus ab 2016 hatte Martin Schulte nachdenklich gemacht. Er vermisste die inhaltliche Auseinandersetzung der Kirche mit dem Rechtspopulismus und seinen Ursachen. Ihm fehlten in Trier Veranstaltungen Formate, in denen gemeinsames Nachdenken und – ja, auch: Streiten – über den Umgang mit Geflüchteten ebenso möglich ist wie über Fragen der Wohlstandsverteilung und soziale Schieflagen. Gerne hätte er sich hier schon damals stärker engagiert – aber seine beruflichen Verpflichtungen legten dem Grenzen auf.

In den fast dreißig Jahren seiner Berufstätigkeit in der Finanzwirtschaft – zuletzt als Vorstandsmitglied einer Fondsgesellschaft in Luxemburg – hat er sich zudem immer wieder mit der Frage auseinandergesetzt, ob nicht manche Konzepte, die sich in der Bibel finden, realistischer und nachhaltiger sind als das, was er beruflich jeden Tag erlebte: Ist zum Beispiel Kooperation nicht erfolgversprechender als reine Konkurrenz? Krisen wie Corona, die mit der Erfahrung des Kontrollverlusts einhergehen, zeigen seiner Meinung nach, dass das eigene Wohlergehen nur erreicht werden kann, wenn jede und jeder das Wohlergehen der anderen mitdenkt. Erfahrungen von Kontrollverlust bilden oft den Hintergrund biblischer Erzählungen. Deshalb glaubt Martin Schulte, dass genau diese Erzählungen in unsere Zeit mit Klimawandel, Pandemie und Kriegen hineinsprechen und uns anregen, Hoffnung zu schöpfen, in Bewegung zu kommen und zu bleiben und nicht zu erstarren. Das gilt für die Ebene der Gesellschaft genauso wie für den Einzelnen bei der Bewältigung seines Lebens. Das will er vermitteln in seinem neuen Amt und dabei auch seine beruflichen Erfahrungen in die Verwaltung einer Kirchengemeinde mit rund 10.800 Gemeindegliedern und über dreißig hauptberuflich Beschäftigten ganz praktisch einbringen.

“Theologische Themen machen mir einfach einen Riesenspaß“, bekennt er und ist dankbar für das Privileg, nochmal etwas Neues anfangen zu dürfen. Auch dafür, dass die Zusammenarbeit und der Gestaltungswille von Kirchenkreis, Superindendent, Presbyterium und den Pfarrer:innen diese GPA-Stelle in unserer Gemeinde für ihn möglich gemacht haben. Und er freut sich schon “wie Bolle“ auf den Neustart, wenn er sich hauptberuflich seinen Interessen widmen kann und nicht mehr erst nach einem langen Arbeitstag in Luxemburg.

Los geht’s mit dem frisch kreierten Job am 01. Juli.

Viel Glück und viel Segen auf all deinen neuen Wegen!

 

 

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