Eule-Orgel (2014)

Die Eule-Orgel

Die Idee, die seit dem Krieg verlorene Hauptorgel für eine der größten evangelischen Kirchen der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) wiederzugewinnen, reicht schon in die 1950er Jahre zurück.

Nachdem aber 1962 die kleine Lösung in Gestalt der Schuke-Chororgel umgesetzt wurde, war jahrzehntelang der Gedanke an eine neue Hauptorgel außer Reichweite.

Registerwippen – Bild: Martin Bambauer

Erst 2001 wurde ein neuer Vorstoß gewagt, der im Jahre 2006 – pünktlich zum Doppeljubiläum der Konstantin-Basilika (150 Jahre Ev. Kirche – 50 Jahre Wiederaufbau) erstmals ein offizielles Gesicht bekam: Staatsministerin Malu Dreyer verkündete öffentlich im Rahmen einer Festveranstaltung, dass das Land den Bau einer neuen Hauptorgel für die Basilika anstrebe. In einem frühen Stadium war klar, dass neben der Auswahl der Erbauerfirma in einem zweiten Schritt die äußere Gestaltung der Orgel Gegenstand eines Architekturwettbewerbs sein sollte. Beide Auswahlverfahren fanden in enger Abstimmung zahlreicher Gremien statt: Neben dem Finanzministerium waren das Kulturministerium, die Staatliche und Städtische Denkmalpflege, die Archäologische Trier-Kommission, eine Orgelkommission, Vertreter der Ev. Kirche im Rheinland, Mitglieder des Presbyteriums der Ev. Kirchengemeinde Trier sowie – federführend in der organisatorischen Durchführung des Vorhabens – der LBB Trier (Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung) beteiligt. Als letzte Instanz auf dem Weg der Beauftragung fungierte die UNESCO, da es um ein Bauvorhaben in einer Weltkulturerbestätte ging.

Mit dem Bau der Orgel wurde die Firma Hermann Eule Orgelbau (Bautzen) beauftragt, die äußere Gestaltung wurde entwickelt vom Architekturbüro Auer & Weber (München / Stuttgart). Von dem mit einem finanziellen Gesamtvolumen von 3,1 Millionen EURO bezifferten Projekt übernahm das Land Rheinland-Pfalz 2,8 Mio., die Ev. Kirchengemeinde Trier steuerte – ausschließlich durch eingeworbene Spenden – 300.000 EURO bei.

Beauftragt wurde eine Orgel mit 87 Registern auf vier Manualen und Pedal. Jedem der insgesamt fünf Klaviaturen ist ein bestimmtes Werk zugeordnet:

Oberer Spieltisch – Bild: Karsten Müller

Das erste Manual spielt das Hauptwerk an, das zweite Manual das Schwellwerk, das dritte Manual das sogenannte Récit und das vierte Manual nennt sich Orchestral / Solo. Hinzu kommt die Pedalklaviatur. Die Werke des zweiten, dritten und vierten Manuals stehen in einem Schwellkasten, dessen frontseitig angebrachte Holzjalousien sich vom Spieler mittels eines Balanciertritts öffnen und schließen lassen. So wird eine stufenlose Steigerung und Zurücknahme der Klangstärke ermöglicht – eine wesentliche Erfordernis für die Orgelmusik der Romantik und Moderne. Schon in der Benennung der einzelnen Werke wird deutlich, dass hier länderspezifische Klangcharakteristika eine besondere Rolle spielen. Das Hauptwerk ist dabei dem deutschen hoch- und spätbarocken Registerfundus verpflichtet (z.B. J.S. Bach), das Schwellwerk ist deutsch-romantisch disponiert (z.B. für Werke von Max Reger, Franz Liszt etc.), das Récit orientiert sich an der französisch-romantischen Klanglichkeit (z.B. für Musik von César Franck, Charles-Marie Widor oder Marcel Dupré) und im vierten Manual finden sich Klangfarben der englischen Romantik (z.B. ein voll ausgebauter Streicherchor) sowie besondere Hochdruck-Register wie die Tuba imperialis. Weitere anglo-amerikanische Farbtupfer sind über die ganze Orgel verteilt.

Neben dem Hauptspieltisch direkt am Orgelgehäuse auf der Südwand gibt es einen fahrbaren Zweitspieltisch zu ebener Erde, der einen nahtlosen Wechsel zwischen Orgelspiel und Chordirigat sowie das Zusammenspiel mit jeder denkbaren Instrumental- oder Vokalbesetzung ermöglicht. Die drei miteinander verbundenen Orgelkörper werden statisch allein von der Südwand getragen, was mit Hilfe von drei stählernen Körben als Bestandteil des Tragwerks der Orgel möglich ist.

Disposition

I. Hauptwerk
C – c4

Praestant 16′
Gedackt 16′
Principal major 8′
Principal minor 8′
Gamba 8′
Flûte harmonique 8′
Rohrflöte 8′
Erzähler 8′
Octave 4′
Gemshorn 4′
Quinte 2 2/3′
Octave 2′
Mixtur major 5fach 2′
Mixtur minor 3fach 1 1/3′
Cornett 2-5fach 2 2/3′
Trombone 16′
Trornpete 8′
Clairon 4′

II. Schwellwerk
C – c4

Lieblich Gedeckt 16′
Geigenprincipal 8′
Konzertflöte 8′
Zartgedackt 8′
Quintatön 8′
Salicional 8′
Aeoline 8′
Vox coelestis 8′ ab c°
Geigenoctave 4′
Fugara 4′
Flauto traverso 4′
Waldflöte 2′
Progressio 3-5fach 2′
Harmonia aetherea 3-4fach 2 2/3′
Aeoline 16′ (durchschlagend)
Clarinette 8′ (durchschlagend)
Oboe 8′
Celesta
-Tremulant

III. Récit expressif
C – c4

Quintaton 16′
Diapason 8′
Flûte traversiére 8′
Cor de nuit 8′
Viole de Gambe 8′
Voix céleste 8′ ab c°
Octave 4′
Flûte octaviante 4′
Nasard 2 2/3′
Octavin 2′
Tierce 1 3/5′
Piccolo 1′
Plein jeu 5fach 2 2/3′
Bombarde 16′
Trompette harmonique 8′
Basson-Hautbois 8′
Voix humaine 8′
Clairon harmonique 4′
– Tremulant

IV. Orchestral
C – c4

Contra Gamba 16′
Orchestral Viola 8′
Viola céleste 8′ ab c°
Clarabella 8′
Violino 4′
Harmonic Flute 4′
Flautino 2′
Cornet de violes 3f. 3 1/5′
Cor anglais 16′
Clarinet 8′
French Horn 8′

Solo (Floating division)
Principalis romanus 8′
Konstantinflöte 8′
Tuba imperialìs 8′
Chimes (vorgesehen)

Pedal
C – g1

Majorprincipal 32′ (Extension Principalbass 16′)
Untersatz 32′ (Extension Subbass 16′)
Open Wood 16′
Principalbass 16′
Violon 16′
Subbass 16′
Gedacktbass 16′ (Transmission aus II)
Salicetbass 16′ (Transmission aus IV)
Octavbass 8′
Violoncello 8′
Bassflöte 8′
Octave 4′
Grand Cornet 4fach 5 1/3′
Mixtur 4fach 2 2/3′
Kontraposaune 32′ (Extension Posaune 16′)
Posaune 16′
Trompetenbass 8′
Clarine 4′

 

Koppeln
10 Normalkoppeln (elektrisch)
5 Normalkoppeln Solo an I, ll, III, IV,  P
Super 4-4, 4-3, 4-l, 3-3, 3-1, 2-2, 2-l, Super-Solo
Sub 4-4, 4-1, 3-3, 3-1, 2-2, 2-1
Tuba mit eigenem Registerzug
Nebenregister, Spielhilfen
Schwelltritte II., II., IV. Manual
Walze als Rolle
MIDI auf I. Manual
Replay
mechanische Traktur l+II,
Barker III+IV+P
Solo+Koppeln+Extension+Transmission elektrisch
Setzeranlage, System ,,Eule“

Pfeifen der Eule-Orgel – Bild: Karsten Müller