Vikar Ruben Voß, Portrait

Vom Ruhrgebiet nach Trier

  • Birgit Kochsiek

Palastgarten, an einem dieser heißen Augustnachmittage. Herr Voß kommt direkt von einem WG-Casting zur schattigen Parkbank. Einige Tage später schreibt der gebürtige Duisburger, dass das WG-Casting erfolgreich war und er eine Bleibe mit Blick auf die wunderschöne Basilika in Trier gefunden hat.
„Der Ruhrpott ist grüner, als man denkt“, sagt er, schließlich gebe es beispielsweise 22 Badeseen im Umkreis von 10 Kilometern dort in seiner Heimat im Ruhrgebiet. Aufgewachsen zusammen mit einer Zwillingsschwester und einem älteren Bruder in klassisch christlichem Umfeld, hatte er Spaß an der Jugendarbeit in seiner Gemeinde. Später wurde er Teamer und half auch mehrmals bei Jugendwochenenden und auf Sommerfreizeiten mit. In der Schule hatte er gute Noten in Physik, daher studierte er zunächst auch dieses Fach an der Duisburger Universität. Doch schon nach einem Semester wurde ihm bewusst, dass ein anderer Wunsch in ihm schlummerte: Er wechselte zum Studium der Evangelischen Theologie nach Bochum. Gleich im ersten Semester wurde dort ein interdisziplinäres Modul „Physik und Theologie“ angeboten. Ein Zufall?? 
Neben dem recht theoretischen Studium wollte er „etwas Praktisches machen“ und entschied sich für eine Bibliodrama-Ausbildung. Was aber ist Bibliodrama? Eine kreativ-darstellende Zugangsweise zu biblischen Texten und gleichzeitig zur eigenen Persönlichkeit, die Methoden der Körperarbeit, Textarbeit und des szenischen Spiels verwendet.
Herr Voß lernte an 14 Wochenenden, wie man mittels improvisierenden Schlüpfens in eine im Bibeltext beschriebene Rolle eine Bindung zwischen sich selbst und dem Geschriebenen schafft, sodass man es für und auf sich anwenden kann. Zudem ist das eine Möglichkeit, sich intensiv mit Menschen über seinen Glauben auszutauschen, ohne sie vorher zu kennen. Das übergeordnete Ziel dabei ist, die Bibel für alle möglichen Gruppen lebendiger zu machen. Ausprobiert hat er das Erlernte bereits mit Grundschulkindern und Jugendgruppen. Gemeinsam mit einem Freund bastelt er an einem Plan, mit einer Gruppe von Menschen mit geistiger Behinderung zu arbeiten.
Während der Coronazeit hatte er die Möglichkeit, „über den Tellerrand zu schauen“ und sich mit einer Muslima online zu treffen. Diese Meetings im Netz ermöglichten ihm, Bibelstellen mit einem anderen Blick wahrzunehmen. Ja, Corona ließ auch seine damalige WG in Bochum zusammenwachsen. Sonntags wurde sogar zusammen Gottesdienst gefeiert, für die er erste Predigten vorbereitete. In der Examensvorbereitung hatte er sowieso keine Zeit, andere Menschen zu sehen. Nach dem Abschluss wollte Herr Voß eigentlich den Jakobsweg von Bochum über Duisburg nach Trier laufen – da machte eine Corona-Erkrankung ihm einen Strich durch die Rechnung.
Er selbst, der sich als Zahlenmensch beschreibt, ist reflektiert und ein geselliger Mensch. Zu seinen Hobbys zählen neben Lesen und Bouldern (Klettern in geringer Höhe) Wandern und Spazierengehen. Er freut sich daher, die Weinberge rund um Trier zu Fuß zu erkunden. Neben Singen und Gitarre-Spielen war die Blasmusik seine große Leidenschaft: An der Uni hat er im Blasorchester als Schlagwerker neben zahlreichen anderen Instrumenten Schlagzeug, Glockenspiel und großes Becken gespielt.
Wie kommt nun dieser angehende Vikar, der sich bisher hauptsächlich im Ruhrgebiet aufgehalten hat, nach Trier?
Herr Voß wollte eine andere Gegend und andere Menschen kennenlernen. Er wollte nach seinem Praktikum in Isselburg (Niederrhein) auf dem platten Land in eine Stadtgemeinde wechseln. Sein Großvater hat Wurzeln in Luxemburg und wuchs in der Eifel auf, vielleicht standen für ihn daher auch Koblenz, Saarbrücken und Trier zur Auswahl. „In Trier war der Superintendent am nettesten“, verrät er.
Am 01.10. geht’s los mit dem Vikariat in unserer Gemeinde, zunächst für ein halbes Jahr Vollzeit an einer Haupt- und Realschule. Begleitend warten dabei auf ihn Vikariatsfortbildungen am Seminar für pastorale Ausbildung in Wuppertal in den Bereichen Seelsorge, Gemeindeaufbau und Ökumene. Sie unterstützen die Entwicklung von Perspektiven für die spätere eigenständige Gemeindearbeit. Er freut sich, nun endlich praktisch mitarbeiten zu dürfen und die Menschen hier kennenzulernen. Er möchte sich weiter entwickeln und Erfahrungen sammeln.

Lieber Herr Voß, wie schön, dass Sie Ihr Weg zu uns geführt hat. Herzlich willkommen!