Es war eine Gedenkveranstaltung zum Reformationstag der ganz besonderen Art: Ein mittels künstlicher Intelligenz gesteuerter, fotorealistischer und dreidimensionaler Luther-Avatar beantwortete am Abend des 31. Oktober Fragen über Gott und die Welt, so wie Martin Luther es heute mutmaßlich tun würde – auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Der Luther-Avatar wurde mithilfe eines Gemäldes von Martin Luther erstellt, das als visuelle Grundlage für das dreidimensionale Modell diente. Durch den Einsatz moderner KI-Algorithmen wurde dieses Gemälde in eine fotorealistische Darstellung des Reformators umgewandelt. Zuschauerinnen und Zuschauer hatten die Möglichkeit, eine Stunde lang live über den YouTube-Chat Fragen zu stellen, die der KI-Luther beantwortet hat. Als Avatar, der sich wie ein realer Mensch im Raum bewegte und interagierte. Und auf komplexe Fragen wie jene nach der Bedeutung der Taufe verständlich Auskunft gab.
>> Der Luther-Avatar zur Bedeutung der Taufe
Abendmahl, Antisemitismus oder das Amt des Papstes: Die Liste der eingereichten Themen am Reformationstag war lang. Und die damit verbundenen Aktualisierungen. Zum Beispiel in der Frage, ob ein digitales Abendmahl erlaubt sei („In der Balance zwischen spiritueller Tiefe und technischen Möglichkeiten durchaus, gerade in Zeiten einer Pandemie“) oder was Luther vom heutigen Papst halte. Und wie sieht es mit Luthers Schmähschriften gegen die Juden aus? „Woher kam dein Hass, Martin Luther?“
>> Der Luther-Avatar zu seinem Hass auf Juden
Bereits im Vorfeld hatte die Ankündigung der „Luther-Sprechstunde“ für ein unerwartet großes Medienecho gesorgt – sogar aus Melbourne in Australien kam die Bitte, möglichst umgehend zu den Hintergründen der Aktion Auskunft zu geben. Und der WDR nutzte den Luther-Avatar, um tagesaktuell für die „Aktuelle Stunde“ zu erfahren, ob es Christinnen und Christen denn erlaubt sei, Halloween zu feiern.
>> Der Luther-Avatar zu Halloween
Das Stichwort Gewissen fiel wiederholt in den Antworten. Auch zur Frage, ob der regelmäßige Besuch eines Gottesdienstes heute noch verpflichtend sei.
>> Der Luther-Avatar zum Kirchgang
645 real existierende Menschen schalteten sich im Lauf der Stunde zu, davon 147 gleichzeitig – aus dem In- und Ausland. An die 50 Fragen beantwortete der Luther-Avatar in 60 Minuten: Haben die Religionen der Menschheit eher genutzt oder eher geschadet? Werden die Anhänger anderer Religionen auch erlöst? Und was sagt der Reformator zum jüngsten Krieg im Heiligen Land?
>> Der Luther-Avatar zum Krieg in Israel und Palästina
Ganz in der Gegenwart angekommen, schafft es Martin Luther als Universalgelehrter mittels künstlicher Intelligenz sogar, kompetent die Frage zu beantworten, wie eine Autobatterie wieder aufgeladen werden kann. Nach 60 Minuten bedankt sich Luther aus der virtuellen Luther-Kirche für die „fantastischen Fragen“. Experiment geglückt, die Reformation geht weiter.